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Gedichte . Über Sehnsucht 1 - / Gedichte Sehnsucht2 - / Gedichte Sehnsüchte


Erwacht

Warum hast du's angerufen -
Schlief es doch so fest und still!
Da es nun in mir erwachte,
Weiß ich nicht, was werden will!

Mit den großen Sehnsuchtsaugen
Schaut's in jeden Tag hinein ...
Lieder sing' ich, müde Lieder,
Doch es schläft nicht wieder ein!

Anna Ritter



In die Ferne

Oft wenn ich düster nachgehangen
Dem Leben, meinem wilden Lauf,
Da wacht mir plötzlich ein Verlangen
Nach deiner fernen Liebe auf.

Nach deinem Kuß, nach deinen Tränen,
Nach deiner seligen Geduld. -
Es ist mir fast, als tät sich sehnen
Nach deiner Unschuld meine Schuld!

Karl Stieler



Die Nachtigall

Das macht, es hat die Nachtigall
Die ganze Nacht gesungen;
Da sind von ihrem süßen Schall,
Da sind in Hall und Widerhall
Die Rosen aufgesprungen.

Sie war doch sonst ein wildes Blut;
Nun geht sie tief in Sinnen,
Trägt in der Hand den Sommerhut
Und duldet still der Sonne Glut,
Und weiß nicht, was beginnen.

Das macht, es hat die Nachtigall
Die ganze Nacht gesungen;
Da sind von ihrem süßen Schall
Da sind in Hall und Widerhall
Die Rosen aufgesprungen.

Theodor Storm
Die Amsel

Da die Nacht mit Laternen noch draußen stand,
Der Schlaf und der Träume glitzender Fächer
Um Haus und Himmel aufgespannt,
Da sang an mein Bett weit über die Dächer,
Da sang vor der Stund', eh' mit bläulicher Hand
Der Morgen sich unter den Sternen durchfand,
Eine Amsel aus Finster und Fernen.
Eh' noch den Laternen das Licht verflacht,
Hat schon die Amsel die Sehnsucht gepackt.
Sie sang von Inbrunst aufgeweckt
Mit dem Herz, daß ihr heiß in der Kehle steckt.
Sie sang von Lieb', die sich aufmacht,
Und durch die schlafenden Mauern lacht.

Max Dauthendey



Mädchenseele

Gar oft schon fühlt' ich's tief, des Mädchens Seele
Wird nicht sich selbst, dem Liebsten nur geboren.
Da irrt sie nun verstoßen und verloren,
Schickt heimlich Blicke schön als Boten aus,
Daß sie auf Erden suchen sich ein Haus.
Sie schlummert in der Schwüle, leicht bedeckt,
Lächelt im Schlafe, atmet warm und leise.
Doch die Gedanken sind fern auf der Reise,
Und auf den Wangen flattert träum' risch Feuer,
Hebt buhlend oft der Wind den zarten Schleier.
Der Mann, der da zum ersten Mal sie weckt,
Zuerst hinunterlangt in diese Stille,
Dem fällt sie um den Hals vor Freude bang
Und läßt ihn nicht mehr all ihr Lebelang.

Joseph Freiherr von Eichendorff


















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