Der Bote
Am Himmelsgrund schießen
So lustig' die Stern',
Dein Schatz läßt dich grüßen
Aus weiter, weiter Fern'!
Hat ein Zither gehangen
An der Tür unbedacht't,
Der Wind ist gegangen
Durch die Saiten der Nacht.
Schwang sich auf dann vom Gewitter
Über die Berge, über'n Wald -
Mein Herz ist die Zither,
Gibt ein'n fröhlichen Schall.
Joseph Freiherr von Eichendorff
Ständchen
Was Liebe gibt und Liebe weiht,
Und wär's auch ohne Worte,
Was schönes ist es allezeit
Und auch an jedem Orte.
Und wenn dir nicht erscheinen kann
In diesem Gruß das Schöne,
So nimm ihn doch als Liebe an,
Es sind des Herzens Töne.
Hoffmann von Fallersleben
An die Entfernte
Diese Rose pflück' ich hier
In der fremden Ferne;
Liebes Mädchen, dir, ach dir
Brächt' ich sie gerne!
Doch bis ich zu dir mag ziehn
Viele weite Meilen,
Ist die Rose längst dahin,
Denn die Rosen eilen.
Nie soll weiter sich ins Land
Lieb' von Liebe wagen,
Als sich blühend in der Hand
Läßt die Rose tragen;
Oder als die Nachtigall
Halme bringt zum Neste,
Oder als ihr süßer Schall
Wandert mit dem Weste.
Nikolaus Lenau
Der Blumenstrauß
Wenn Sträuchen, Blumen manche Deutung eigen,
Wenn in den Rosen Liebe sich entzündet,
Vergißmeinnicht im Namen schon sich kündet,
Lorbeere Ruhm, Zypressen Trauer zeigen;
Wenn, wo die andern Zeichen alle schweigen,
Man doch in Farben zarten Sinn ergründet.
Wenn Stolz und Neid dem Gelben sich verbündet,
Wenn Hoffnung flattert in den grünen Zweigen:
So brach ich wohl mit Grund in meinem Garten
Die Blumen aller Farben, aller Arten
Und bring' sie dir, zu wildem Strauß gereihet.
Dir ist ja meine Lust, mein Hoffen, Leiden,
Mein Lieben, meine Treu', mein Ruhm, mein Neiden,
Dir ist mein Leben, dir mein Tod geweihet.
Ludwig Uhland |
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Goldne Brücken seien
Alle Lieder mir,
Drauf die Liebe wandelt,
Süßes Kind, zu dir.
Und des Traumes Flügel
Soll in Luft und Schmerz
Jede Nacht mich tragen
An dein treues Herz.
Emanuel Geibel
Minnelied
Es gibt wohl manches, was entzücket,
Es gibt wohl vieles, was gefällt;
Der Mai, der sich mit Blumen schmücket,
Die güldne Sonn' im blauen Zelt.
Doch weiß ich Eins, das schafft mehr Wonne,
Als jeder Glanz der Morgensonne,
Als Rosenblüt' und Lilienreis;
Das ist getreu im tiefsten Sinne
Zu tragen eine fromme Minne,
Davon nur Gott im Himmel weiß.
Wem er ein solches Gut beschieden,
Der freue sich und sei getrost!
Ihm ward ein wunderbarer Frieden,
Wie wild des Lebens Brandung tost.
Mag alles Leiden auf ihn schlagen:
Sie lehrt ihn nimmermehr verzagen,
Sie ist ihm Hort und sichrer Turm;
Sie bleibt im Labyrinth der Schmerzen
Die Fackelträgerin dem Herzen,
Bleibt Lenz im Winter, Ruh im Sturm.
Doch suchst umsonst auf irrem Pfade
Die Liebe du im Drang der Welt;
Denn Lieb' ist Wunder, Lieb' ist Gnade,
Die wie der Tau vom Himmel fällt.
Sie kommt wie Nelkenduft im Winde,
Sie kommt, wie durch die Nacht gelinde
Aus Wolken fließt des Mondes Schein;
Da gilt kein Ringen, kein Verlangen,
In Demut magst du sie empfangen,
Als kehrt' ein Engel bei dir ein.
Und mit ihr kommt ein Bangen, Zagen,
Ein Träumen, aller Welt versteckt;
Mit Freuden mußt du Leide tragen,
Bis aus dem Leid ihr Kuß dich weckt;
Dann ist dein Leben ein geweihtes,
In deinem Wesen blüht ein zweites,
Ein reineres voll Licht und Ruh;
Und todesfroh in raschen Fluten
Fühlst du das eigne Ich verbluten,
Weil du nur wohnen magst im Du.
Das ist die köstlichste der Gaben,
Die Gott dem Menschenherzen gibt,
Die eitle Selbstsucht zu begraben,
Indem die Seele glüht und liebt.
O süß Empfangen, sel'ges Geben!
O schönes Ineinanderweben!
Hier heißt Gewinn, was sonst Verlust.
Je mehr du schenkst, je froher scheinst du,
Je mehr du nimmst, je sel'ger weinst du -
O gib das Herz aus deiner Brust.
In ihrem Auge deine Tränen,
Ihr Lächeln sanft um deinen Mund,
Und all dein Denken, Träumen, Sehnen,
Ob's dein, ob's ihr, dir ist's nicht kund.
Wie wenn zwei Büsche sich verschlingen,
Aus denen junge Rosen springen,
Die weiß, die andern rot erglüht,
Und keiner merkt, aus wessen Zweigen
Die hellen und die dunklen steigen:
So ist's; du fühlest nur: es blüht.
Es blüht; es ist ein Lenz tiefinnen,
Ein Geisteslenz für immerdar;
Du fühlst in dir die Ströme rinnen
Der ew'gen Jugend wunderbar.
Die Flammen, die in dir frohlocken,
Sind stärker als die Aschenflocken,
Mit denen Alter droht und Zeit;
Es leert umsonst der Tod den Köcher,
So trinkst du aus der Liebe Becher
Den süßen Wein: Unsterblichkeit.
Spät ist es - hinter dunkeln Gipfeln
Färbt golden sich der Wolken Flaum;
Tiefrötlich steigt aus Buchenwipfeln
Der Mond empor am Himmelssaum.
Der Wind fährt auf in Sprüngen, losen,
Und spielet mit den weißen Rosen,
Die rankend blühn am Fenster mir.
O säuselt, säuselt fort, ihr Lüfte,
Und tragt getaucht in Blumendüfte
Dies Lied und meinen Gruß zu ihr!
Emanuel Geibel |