Wenn ich in deine Augen seh'
Wenn ich in deine Augen seh',
So schwindet all mein Leid und Weh',
Doch wenn ich küsse deinen Mund,
So wird ich ganz und gar gesund.
Wenn ich mich lehn' an deine Brust,
Kommt's über mich wie Himmelslust;
Doch wenn du sprichst: "Ich liebe dich!"
So muß ich weinen bitterlich.
Heinrich Heine
Du meine Seele, du mein Herz
Du meine Seele, du mein Herz,
Du meine Wonn', o du mein Schmerz,
Du meine Welt, in der ich lebe,
Mein Himmel du, darein ich schwebe,
O du mein Grab, in das hinab
Ich ewig meinen Kummer gab!
Du bist die Ruhe, du bist der Frieden,
Du bist der Himmel, mir beschieden.
Daß du mich liebst, macht mich mehr wert,
Dein Blick hat mich vor mir verklärt;
Du hebst mich liebend über mich,
Mein guter Geist, mein bess'res Ich!
Friedrich Rückert
Lauf der Welt
An jedem Abend geh' ich aus,
Hinauf den Wiesensteg.
Sie schaut aus ihren Gartenhaus,
Es stehet hart am Weg.
Wir haben uns noch nie bestellt,
Es ist nur so der Lauf der Welt.
Ich weiß nicht, wie es so geschah,
Seit langen küss' ich sie.
Ich bitte nicht, sie sagt nicht ja,
Doch sagt sie nein auch nie.
Wenn Lippe gern auf Lippe ruht,
Wir hindern's nicht, uns dünkt es gut.
Das Lüftchen mit der Rose spielt,
Es fragt nicht: "Hast mich lieb?"
Das Röschen ich am Taue fühlt,
Es sagt nicht lang: "Gib!"
Ich liebe sie, sie liebet mich,
Doch keines sagt: "Ich liebe dich."
Ludwig Uhland |
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In Liebeslust, in Sehnsuchtsqual
In Liebeslust, in Sehnsuchtsqual,
O höre mich!
Eins sing ich nur viel tausendmal
Und nur für dich.
Ich sing' es laut durch Wald und Feld,
O höre mich!
Ich sing' es durch die ganze Welt:
Ich liebe dich!
Und träumend noch in stiller Nacht
Muß singen ich;
Ich singe, wenn mein Aug' erwacht:
Ich liebe dich!
Und wenn mein Aug' im Tode bricht,
O sähst du mich!
Du sähst, daß noch dies Auge spricht:
Ich liebe dich!
Hoffmann von Fallersleben
Im Mai
Im wunderschönen Monat Mai,
Als alle Knospen sprangen,
Da ist in meinem Herzen
Die Liebe aufgegangen.
Im wunderschönen Monat Mai,
Als alle Vögel sangen,
Da hab' ich ihr gestanden
Mein Sehnen und Verlangen.
Heinrich Heine |